Die
Merkmale und Vorzüge von Platin sind nicht immer augenfällig. Und so ist die
Faszination für das weiße Edelmetall meist eine Liebe auf den 'zweiten Blick'.
Es ranken sich, ganz anders als beim Gold, kaum Mythen und Märchen um das zurückhaltende
Platin, das in mehrfacher Hinsicht 'erobert' werden will.
Das fängt
schon bei der äusserst mühseligen Gewinnung von Platin an: Bis heute macht
sich das Edelmetall äußerst rar und zeigt sich an nur wenigen Stellen der Erde
- in Alaska, Kanada, Russland, Kolumbien und Südafrika - das größte
Platinlager und die bis heute bedeutendste Förderstätte befindet sich westlich
von Johannisburg. Bis auf zweitausend Meter hinab muss, wer nach dem
wertvollsten aller Schmuckmetalle strebt. Doch das ist erst der Anfang eines
langen, beschwerlichen Weges vom rohen Gestein zum begehrten Barren. Denn nach
der Förderung sind noch einhundertfünfzig komplizierte Schritte und fünf
Monate harte Arbeit erforderlich: Für eine einzige Unze Platin nämlich, also
ganze 31,1 Gramm, müssen etwa zehn Tonnen Erz abgebaut werden, während für
dieselbe Menge Gold vergleichsweise wenig, als nur etwa drei Tonnen Gestein
gebrochen werden müssen.
So
aufwendig wie die Gewinnung ist auch die Verarbeitung von Platin. Was vor
Jahrhunderten schon die Indios bemerkten, den extrem hohen Schmelzpunkt des
Edelmetalls, macht auch heute noch dessen besonderen Wert aus.
Platin
ist ein altes Edelmetall, das im Laufe von zweieinhalb Jahrtausenden zu
verschiedenen Zeiten und verschiedenen Orten geheimnisvolle Spuren hinterlassen
hat: Die ägyptische Hohepriesterin Schepen-Upet, die um 750 v. Chr. in Theben
lebte, benutzte eine bronzene Schatulle, deren Oberfläche mit Silber und Platin
verziert war. Auch von den Ägyptern und präkolumbianischen Indios ist bekannt,
dass sie das weißglänzende Metall zu verarbeiten wussten. Im 16. Jahrhundert
entdeckten die spanischen Eroberer Platin im Gebiet des heutigen Kolumbien.
Ihnen mangelte es allerdings am nötigen Feinsinn, um das edelste aller Metalle
als solches zu erkennen: Sie hielten das silbrigglänzende Metall für
minderwertiger als das ihnen bekannte Silber und nannten es 'platina', was
soviel bedeutet wie 'kleines Silber'. Es
sollte noch bis zum Jahre 1751 dauern, bis der schwedische GeIehrte Theofil
Scheffer den hervorragenden Eigenschaften von Platin auf die Spur kommen und
herausfinden sollte, dass es sich bei dem Edelmetall um ein eigenständiges
chemisches Element handelte.
Kein
geringerer als Louis Cartier war einer der Pioniere in der Verarbeitung des
'neuen' alten Edelmetalls. Zunächst fertigte er Hemden- und Manschettenknöpfe,
seit den achtziger Jahren Ringe und Broschen, Arm- und Ohrschmuck sowie
Diamantcolliers mit Platinfassungen. Die berühmtesten Juweliershäuser in Paris
und Rom, Tiffany, Van Cleef, Boucheron und Bulgari, schufen kunstvolle Stücke
im sogenannten 'Floralia'-Stil. Vor allem in Verbindung mit Diamanten eroberte
Platin die Welt der Juweliere: Zu hauchdünnen Fassungen verarbeitet, gab es den
Diamanten Halt, ohne deren funkelndes Feuer zu beeinträchtigen. Das dehnbare
und doch feste Platin ermöglichte so eine Formgebung mit feinen Linien und
Zwischenräumen, mit welchen sich die typisch geometrischen Formen des Art deco
besonders gut umsetzen liessen.
Viele
Prominente aus dem boomenden Film- und Showbusiness wurden zu Vorreitern eines
Geschmacks, für den Platin ein unentbehrlicher Bestandteil war. Die
Hollywood-Diva Jean Harlow führte mit dem Film 'Platinum Blonde' einen Typus
ein, der mit Marlene Dietrich und Marilyn Monroe für Jahrzehnte die
Vorherrschaft des 'platinblonden' Vamps sicherte. Schauspielerinnen wie Greta
Garbo, Mae West und Mary Pickford begeisterten sich für den weißen Glanz des
edlen Metalls - über den Schmuck hinaus bis hin zu Accessoires wie der
Zigarettenspitze.
Doch
die Erfolgsgeschichte von Platin ist keine geradlinige, im Gegenteil. Erneut gerät
Platin in Vergessenheit und verschwindet nach dem zweiten Weltkrieg fast vollständig
vom europäischen Markt. Doch in den siebziger Jahren begannen einige innovative
Schmuckgestalter, darunter auch der Designer Georg Bunz, sich für das weiße
Edelmetall zu interessieren und gewissermassen eine Platin-Renaissance einzuläuten.
Das Jahr 1976 markiert ein Wendepunkt in der wechselvollen Geschichte des
Platins: Die Platin Gilde führte das Edelmetall auf dem deutschen Markt wieder
ein und eröffnete den innovativ tätigen Schmuckdesignern neue gestalterische
Dimensionen. Heute schätzen Liebhaberinnen und Liebhaber an Platin, dass es
schlicht und ohne grelle Töne daherkommt, jedoch gleichermaßen exklusiv und
edel ist.